Die Chorfenster der Waldenserkirche in Kleinvillars

Chorfenster der Waldenserkirche in Kleinvillars

Künstlerin Annemarie Hammer-Fleck, Ulm 1966

Aufgeführt von der Firma H. Deininger, Ulm

Annemarie Hammer-Fleck, Malerin und Bildhauerin

Geboren am 27.5.1913 in Allenstein/Ostpreußen

Studium der Malerei in München

Heirat mit Kunstmaler und Restaurator Werner Hammer, Ulm.

Verschiedene Ausstellungen, vor allem mit Fensterentwürfen, Plastiken und Aquarellen z.B. in Ulm, Salzburg, Wien, London, Meran.

Glasfenster und Wandgemälde von Annemarie Hammer-Fleck finden sich unter anderem in der Burg Bad Liebenzell, Biberach, Adolzhausen, Herbsthausen, Kleinvillars, und Aldingen. Sie legte auch eigene Fenster-Entwürfe für das Ulmer Münster vor.

Thema der Chorfenster in Kleinvillars:

Dreieinigkeit Gottes (Trinität)

Vater (links): Schöpfung (oben), Paradies/Sündenfall (mitte), verlorener Sohn (unten).

Sohn (mitte): Kreuzigung (unten), Auferstehung (mitte), himmlisches Jerusalem (oben).

Hl. Geist (rechts): Pfingsten (oben), verfolgte Kirche (mitte), Abendmahl (unten)

Gott der Vater

Ich glaube an Gott, den Vater

(linkes Fenster)

... den Schöpfer des Himmels und der Erde.

In Farben und Formen erzählt die Künstlerin die Schöpfungsgeschichte. Wie die Schalen einer Zwiebel, so wachsen aus dem Erdfeuer die Elemente, dann Pflanzen, und Tiere auseinander heraus. Sie umhüllen ein Gesicht - der Mensch, Gottes besonderes Werk. Der türkis/blaue Planet wird beleuchtet von Sonne, Mond und Sternen. Die Schönheit der Schöpfung singt Gottes Lob. Doch der Sturz des strahlenden Engels Luzifer weist auf die abgründige Gefahr hin, sein zu wollen wie Gott.

Adam und Eva im Paradies. Mann und Frau erkennen sich. Der Löwe ist handzahm. In Evas Hand der verführerische Apfel. Erst die Schlange an Adams Ohr macht die Tragweite der Verführung klar. Rote Pfeile, Keile brechen in die Idylle ein. Wo nur Liebe war fließt jetzt Blut. Kain und Abel. Totenmasken, Grabstein, Kranz und Schweigen. Die Realität jenseits von Eden.

Gott Vater, der vergebende Vater. Er hüllt den verlorenen Sohn in den Mantel seiner Liebe. Das Haus Gottes hat viele Wohnungen. Trotzdem schaut der Bruder neidisch. Dem Mensch im Abseits strahlt aus der Futterkrippe der neue Schöpfungsgedanke Gottes entgegen.

Gott der Sohn

 

Ich glaube an Jesus Christus
(mittleres Fenster)

Rot und Schwarz: Leiden, Tod, Nacht. Der Retter hängt am Kreuz. Zwischen Mitleid und Hohn. Maria und Johannes - eine ergreifende Darstellung. Im Medaillon Brot und Kelch: mein Leib - für euch; mein Blut - für euch. Das rote Blut wird Feuer, lodert hoch auf. Ein Sog reißt den Blick nach oben.

Mitten im Leid der Auferstandene. (Aus Grabesnacht leuchtet geheimnisvoll eine blaue Spirale, Symbol der Hoffnung auf ewiges Leben. ?) Das Leben wird neu erschaffen. Kraft strahlt aus. Die Taube erzählt vom Geist Gottes, der lebendig macht. Der Engel kündet die frohe Botschaft( und deutet die Himmelfahrt an (?)).

Weiter wird der Blick nach oben gezogen. Inmitten züngelnder Flammen, zwischen Bruchstücken von Gebäuden und musizierenden Gestalten reißt der Vorhang von Leid und Nacht auf. In vollkommenen Farben und Formen wird eine Stadt sichtbar mit vielen Türen und Toren. Die Stadt Gottes mit den vielen Wohnungen. Das himmlische Jerusalem der Offenbarung des Johannes. Dort wird kein Leid mehr sein, noch Geschrei, noch Schmerz. Einmalig im Gesamtwerk der Fenster die Form der goldumrahmten Raute: so sieht der Glaube das Ziel aller Zeit.

 

Gott der Heilige Geist

Ich glaube an den Heiligen Geist

(rechtes Fenster)

Pfingsten. Geburtstag der Kirche. Auch er schafft Neues, überwindet Sprach- und andere Grenzen. Er sendet die Kirche und sammelt sie zugleich. Die gel-ben, zur Mitte flammenden Zacken deuten die gespalte-ne Kirche an. Nachfolge Christi hat viele Formen. 2000 Jahre Kirchengeschichte haben den Geist des Lebens vielfach erstarren und erkalten lassen. Doch von der Mitte geht erneuernde und einende Kraft aus.

Menschen hinter Gittern. Menschen auf der Flucht. Verfolgt und gequält weil sie anders sind. Die verfolgte Kirche teilt ihr Schicksal und das Schicksal ihres Herrn. Aufgespießt von den Stacheln einer braunen Dornenkrone windet sich eine wehrlose Gestalt. Eine Hand hält den Daumen drauf. Ein Gesicht grinst boshaft. Aber im Dunkel leuchtet die Kerze. Lux lucet in tenebris - das Waldensermotto. Die Vorfahren der Kleinvillarser haben Verfolgung und Mord um ihres Glaubens willen erlebt, aber auch Hilfe und Rettung.

Das Mahl wird gefeiert. Jesus teilt das Brot. Sein Leib ist das Brot. Kelch und Bibel: Gemeinschaft, Vergebung, Wegweisung. Vielfarbige Menschen, alle sind eingeladen. Auch Judas, der Verräter ist darunter. Die Schlange ist nicht tot, aber entmachtet.