Über den Bau der Waldenserkirche in Kleinvillars und eine Kirche, die nicht gebaut wurde.

In der Beschreibung über das Oberamt Maulbonn aus dem Jahre 1870  lesen wir über die Waldenserorte:
"Ihre Ortschaften sind regelmäßig gebaut und sauber gehalten. Die Kirchen lassen erkennen, daß sie im Gedränge einer dürftigen Zeit errichtet wurden…."

So war wohl auch in jener Zeit in der Gemeinde Kleinvillars die Entscheidung gereift eine neue Kirche zu bauen. Das vorhandene Kirchlein, mit einem Dachreiter versehen, war baufällig, klein und eng. 1871 entstand, wohl durch einen örtlichen Handwerksmeister, ein Bauplan der beim Consistorium (Oberkirchenrat) in Stuttgart allerdings auf Ablehnung stieß.

Also keine neue Kirche? Weit gefehlt! 

Dem Christlichen Kunstblatt von 1874 entnehmen wir, dass jetzt  vom Oberkirchenrat in Stuttgart Konrad Dollinger, Professor am dortigen Polytechnikum, beauftragt wurde einen neuen Entwurf zu erstellen. Prof. Dollinger war auch Architekt der Garnisonskirche in Stuttgart und am Bau von Schloß Montfort in Langenargen beteiligt.
Januar 1872 war der Plan für die neue Kirche in Kleinvillars fertiggestellt und "die Gemeinde Klein-Villars nahm diesen mit Freuden an".

Am 1. Mai 1872 "ward der erste Spatenstich gethan zum Fundament".
7. Juli 1872  die Grundsteinlegung mit Prof. Dollinger, und bereits zu Lichtmeß, 2. Februar 1873, fand die Einweihung für den Gottesdienst statt. Also mitten im Winter – ob da schon ein Ofen eingebaut war? Nein! Ein erstes "Öfele" für die damalige Sakristei kam erst im Jahre 1882.
Auch wer wohl die ca. 200 Sitzplätze belegte, ist leider nicht überliefert. Bekannt ist mir aktuell nur, dass Dekan Kornbeck aus Knittlingen anwesend war und Pfr. Paret aus Ölbronn die Predigt hielt.
Der Altar war aus Stein und darauf stand das noch erhaltene Kruzifix das von Paul Suedes gestiftet und von Wilhelm Pelargus, erstellt wurde. Von den damaligen Glasmalereien der Chorfenster gibt es aktuell leider keine Details zu berichten.

Die untenstehende Ansicht zeigt die Kirche mit dem als eine Art Dachreiter angebauten Glockenturm. Bereits 10 Jahre später wurde dann der Glockenturm, so wie wir ihn heute noch kennen, angebaut.

Nun fragt sich der geneigte Leser bestimmt: "On was hat's koscht??"
13.400 fl (Gulden), waren die gesamten Baukosten. Zum Vergleich: 260.000 fl kostete König Karl von Württemberg der wenige Jahre zuvor erstellte Neubau von Schloß Montfort…
Aber wie haben nun die 221 Einwohner von Kleinvillars diese Summe damals gestemmt?
Eine Kollekte, "vom Consistorium im ganzen evangelischen Land angeordnet", erbrachte 5.482 fl. Aus einem Kirchenbaufonds flossen 3.000 fl, aus der Staatskasse kamen noch 900 fl dazu. So hatten die Kleinvillarser  noch 4.018 fl selbst zu tragen.

Interessant zu lesen fand ich bei meinen Recherchen noch folgende Anmerkung: "Das die Orgel vertretende Harmonium hat aus Gründen der Nützlichkeit...., damit, wo der Pfarrer ausbleibt und der Organist und Cantor Gebet, Schriftabschnitt und Predigt vorzulesen hat, derselbe in der kürzesten Entfernung von dem einen zum andern Platz und wieder zurück sich begeben könne."
(In den ersten Jahrzehnten gab es in der Kirche keine Orgel, sondern ein Harmonium das in der Nähe des heutigen Taufsteins aufgestellt war.)

Aus Platzgründen möchte ich an dieser Stelle, verbunden mit einer kleinen Bitte, diesen Baubericht beenden.
Zur Aufbereitung der Kleinvillarser Kirchengeschichte werden alte Dokumente, Bilder, "Scheunenfunde", usw. gesucht. Helfen Sie mit, damit wir bis zum 150. Geburtstag der Waldenserkirche eine möglichst vollständige und umfangreiche Dokumentation  erstellen können.

Walter Meffle